Sehr geehrte Damen und Herren,
zu Beginn möchte ich mit Ihnen in eine nicht ferne Zukunft blicken: Ins Jahr 2020. Bosch will dann Marktführer im entstehenden Massenmarkt für Elektromobilität sein. Das ist unser Ziel. Wir setzen dabei auf unser System-Know-how sowie die Entwicklung und Produktion der Schlüsselkomponenten wie Elektromotor, Leistungselektronik und Batteriesysteme. So wollen wir Partner Nummer eins fürs elektrische Fahren werden.
Unsere Strategie im Bereich der Elektromobilität geht deutlich über den Antriebsstrang hinaus: Denn Bosch besitzt Kompetenz im ganzen Ökosystem der Elektromobilität – von serienerprobten Komponenten für elektrifizierte Anwendungen bis hin zur Vernetzung der Ladeinfrastruktur. Dabei setzen wir gleichermaßen auf alte wie auf neue Kernkompetenzen, um Marktanteile zu sichern und zu erobern. Die drei Kernelemente unserer Strategie – System-Know-how, Energieeffizienz und Standardisierung – werde ich Ihnen später im Detail erläutern.
Batteriezellen: Zukauf statt eigener Zellfertigung
Zum Beginn will ich Ihnen eine Entscheidung mitteilen, über die in den vergangenen Monaten viel spekuliert wurde. Steigt Bosch in die Batteriezellfertigung ein? Die Antwort lautet „nein“. Bosch wird auch in Zukunft Zellen zukaufen und daraus Batterien zusammenbauen. Wir sind zur Überzeugung gelangt, dass Batteriezellen langfristig ein standardisiertes Massenprodukt sein werden. Wir müssen die Zelle technisch verstehen, wir müssen sie nicht fertigen. Wir wissen jetzt, dass wir auch ohne eigene Zellfertigung in der Elektromobilität führend sein werden. Die Zellfertigung ist für unseren Erfolg nicht ausschlaggebend. Denn auch für die Zelle gilt: Sie ist nur eine Komponente eines Gesamtsystems, entscheidend wird die Systemkompetenz sein. Das
heißt, wir werden das tun, was wir seit Jahren schon erfolgreich machen: Zellen gemeinsam mit Lieferanten spezifizieren, diese dann zukaufen und mit Hilfe unserer Elektronikkompetenz in Batteriesystemen bündeln und veredeln.
Lassen Sie mich Ihnen die Hintergründe unserer Entscheidung näher erläutern:
Technisch haben wir sehr gute Fortschritte in unserer Zellentwicklung erzielt. In unserem Entwicklungs-Joint Venture mit GS Yuasa und Mitsubishi haben wir die Forschung im Bereich der Lithium-Ionen-Technologie abgeschlossen. Das heißt konkret: Mit den entwickelten Lithium Ionen-Zellen der nächsten Generation sind wir auf Augenhöhe mit asiatischen Wettbewerbern. Mit dem Ende der Forschungsaktivitäten endet auch das Gemeinschaftsunternehmen. Mit beiden Unternehmen wollen wir auch künftig zusammenarbeiten.
Einen Schritt weiter geht die Forschung des Start-ups Seeo im Bereich der Festkörper-Zelltechnologie oder auch Post-Lithium-Ionen-Technologie genannt. Auch hier haben wir wesentliche technische Fortschritte erzielt. Die Festkörper-Technologie ist der richtige Pfad, um ab Mitte der kommenden Dekade für den Massenmarkt taugliche Batterien zu fertigen. Mit der Festkörper-Technologie kann es gelingen, die Energiedichte von Batterien zu verdoppeln und die Kosten mehr als zu halbieren. Dazu ist jedoch noch ein hoher Forschungsaufwand erforderlich. Aktuell befinden wir uns in Gesprächen mit Kaufinteressenten, die die Forschungsarbeit von Seeo fortführen werden.
Ungeachtet der Entwicklungsfortschritte ist eine Zellfertigung nicht nur eine Frage der Technik. Sie ist vor allem eine wirtschaftliche Unternehmung, die sich rechnen muss. Unser Anspruch ist es, führend in den Feldern zu sein, in denen wir aktiv sind. Was würde das für eine Zellfertigung konkret heißen? Im Jahr 2030 werden weltweit etwa 1 000 Gigawattstunden Batteriekapazität benötigt. Um einen Marktanteil von 20 Prozent und damit eine führende Position zu erreichen, wäre eine Investition von etwa 20 Milliarden Euro für eine Fertigungskapazität von 200 Gigawattstunden erforderlich. Es bleibt mit Blick auf die dynamischen und nur schwer vorhersagbaren externen Marktfaktoren offen, ob und wann sich eine solche Investition für Bosch rechnen würde.
Warum? Für Neueinsteiger sind die Rahmenbedingungen am Markt mehr als herausfordernd. Den Zellmarkt beherrschen aktuell fünf asiatische Hersteller, die bereits große Mengen an Zellen produzieren und damit signifikante Wettbewerbsvorteile haben.
Auch mit einem hohen Marktanteil bliebe für uns ein hohes unternehmerisches Risiko. Da drei Viertel der Herstellkosten von Zellen auf Materialkosten entfallen – darunter auch Rohstoffe – bleibt nur ein geringer Anteil, in dem Wettbewerbsvorteile erarbeitet und ausgespielt werden können.
Nach Bewertung der für den Aufbau einer Zellfertigung relevanten wirtschaftlichen Faktoren sind wir zu dem Schluss gekommen, dass die Investition sowohl in weiterentwickelte als auch in künftige Zelltechnologien zu risikobehaftet ist. Eine solche Investition ist im Gesamtinteresse des Unternehmens nicht vertretbar.
Wir werden deshalb auch in Zukunft Zellen zukaufen, sie aber nicht selbst fertigen. Ich möchte betonen: Wir sagen „nein“ zur eigenen Zellfertigung, wir sagen aber “ja“ zur Batterie bei Bosch. Schließlich haben wir uns über die Jahre ein umfangreiches Know-how in der Zelltechnologie erarbeitet. Das in den vergangenen Jahren aufgebaute, umfangreiche Know-how im Bereich der Batteriezellen wird Bosch in einem Center of Competence weiterentwickeln. Eine mittlere dreistellige Zahl von Mitarbeitern wird zudem, wie teilweise bisher auch, im Bereich Batteriesysteme tätig sein. Sie werden Batteriemanagementsysteme und 48-Volt-Batteriesysteme entwickeln und Zellen spezifizieren. Für 48-Volt-Batteriesysteme sehen wir großes Potenzial. 2030 wird in 20 Prozent der Neufahrzeuge ein 48-Volt-System den Verbrennungsmotor unterstützen. In diesem Jahr startet die Serienproduktion einer neuen Generation von 48-Volt-Batterien, die sich auch für den Einsatz in Klein- und Kleinstwagen eignen. Die Wettbewerbsdifferenzierung gelingt uns hier mit unserem System-Know-how und unserer Fähigkeit, Zellen gemeinsam mit Lieferanten zu spezifizieren. Unsere Kunden profitieren zudem von unserer Kompetenz im Produktdesign und unserer Expertise im Bereich der Materialforschung.
Die Technologieentwicklung des Center of Competence werden wir nicht nur für Mobilitäts-Anwendungen nutzen, sondern auch für Produkte anderer Bosch-Unternehmensbereiche wie Haushaltsgeräte und Elektrowerkzeuge. Soweit der Exkurs zum Thema Batteriezellfertigung.
Partner Nummer eins fürs elektrische Fahren
Meine Damen und Herren, fürs elektrische Fahren wollen wir Partner Nummer Eins sein. Wir sind heute führend im Bereich des Powertrains und werden es auch künftig sein. Mit unserer Strategie tragen wir den aktuell dynamischen Marktentwicklungen im Bereich der Elektromobilität Rechnung. Derzeit entsteht ein Markt, in dem die Karten neu gemischt und die ersten milliardenschweren Aufträge vergeben werden. Im vergangenen Jahr haben wir 20 neue Aufträge im Bereich der Elektromobilität gewonnen. Darauf wollen wir aufbauen und im stark wachsenden Umfeld Marktanteile gewinnen und unsere Position ausbauen. Wir setzen auf drei Strategiepfeiler, die ich Ihnen im Detail erläutern möchte: System-Know-how, Energieeffizienz und Standardisierung.
Strategiepfeiler 1: System-Know-how
Unsere erste Kernkompetenz: System-Know-how. Es war und ist seit jeher der Schlüssel zum Erfolg von Bosch. Auch in der Elektromobilität setzen wir darauf. Unsere Kunden profitieren von unserer Kompetenz, alle Komponenten im Antriebsstrang intelligent zu verbinden. Dieses breite System-Know-how ist unser Alleinstellungsmerkmal. Zum Portfolio von Bosch gehören die Schlüsselkomponenten des elektrischen Antriebs wie Elektromotor, Leistungselektronik und Batteriesysteme.
Die System-Kompetenz geht über die Haube des Elektroautos hinaus. Unser kürzlich vorgestelltes „system!e“ verknüpft den elektrischen Antrieb mit der Bosch Automotive Cloud Suite. Daraus gehen internetbasierte Services hervor, die den alltäglichen Nutzen der Elektromobilität steigern. Ein Beispiel dafür ist der Lade-Assistent. Er kennt alle Ladestationen beispielsweise auf einer Fahrt von München nach Hamburg, plant erforderliche Ladestopps vorausschauend ein und wickelt den Zahlvorgang komplett ab. Dank zusätzlicher Informationen wie Restaurants, Cafés oder Einkaufsmöglichkeiten können Autofahrer die Ladezeit besser und entspannt nutzen.
Strategiepfeiler 2: Energieeffizienz
Unsere zweite Kernkompetenz: Energieeffizienz. Unsere Elektromotoren und unsere eAchse sind hier bereits führend. Je weniger Strom Motor und Co. verbrauchen, desto länger hält die Batterieladung und desto weiter fährt das Auto. Hierzu arbeiten unsere Entwickler beispielsweise an neuen Generationen von Elektromotoren, Invertern und Batteriesystemen. Auch weiterentwickelte Thermomanagement-Systeme können die Reichweite von Elektrofahrzeugen um bis zu 20 Prozent erhöhen.
Strategiepfeiler 3: Standardisierung
Unsere dritte Kernkompetenz: Standardisierung. Damit schaffen wir die Grundlage, um Elektromobilität für den Massenmarkt skalierbar und bezahlbar zu machen. Das zeigt unsere eAchse, der Elektroantrieb der neuesten Generation. Diesen elektrischen Achsantrieb verkaufen wir an ein breites Kundenspektrum – an etablierte Anbieter wie auch an Start-ups. Da Bosch den Antrieb schnell und flexibel an die Bedürfnisse des Fahrzeugherstellers anpasst, entfallen zeitaufwändige Neuentwicklungen bei Kunden – das beschleunigt auch Entwicklungszeiten.
In unserem Unternehmen gibt es heute das geflügelte Wort „Kein Auto ohne Bosch“. Künftig werden wir auch sagen: „Kein Elektroauto ohne Bosch.“ Egal, ob Sie in Asien, Europa oder Nordamerika unter die Motorhaube schauen, den Anker werden Sie immer finden. Unsere Elektromobilitäts-Einheit wird die dynamische Veränderung hin zum elektrischen Fahren führend mitgestalten. Wir stehen unseren Kunden in diesem Transformationsprozess mit Wissen und Technologie zur Seite. Schon heute steckt Bosch-Technik in mehr als 800 000 Elektrofahrzeugen und Hybriden weltweit. Wir elektrifizieren nicht nur das Auto. Unsere Technik findet sich in so gut wie jeder Fahrzeugklasse: Wir entwickeln und produzieren Komponenten für elektrifizierte Fahrräder, Roller, Pkw und Nutzfahrzeuge. Kein Unternehmen ist in der Elektromobilität so breit tätig wie Bosch. Wir besetzen zudem das ganze Ökosystem der Elektromobilität – von serienerprobten Komponenten für elektrifizierte Anwendungen bis hin zur Vernetzung mit der Ladeinfrastruktur. Unsere Kunden profitieren von dieser Markterfahrung genauso wie von unserem weltweiten Forschungs- und Entwicklungsnetzwerk. In diesem kann Bosch Projekte flexibel und nah am Kunden realisieren – egal ob in Asien, Europa oder Nordamerika.
Vielen Dank.